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Vielfaltsansatz: Inklusion und Partizipation von Jugendlichen

Dem Themenkomplex Partizipation, Vielfalt und Inklusion in diesem Konzept vollends gerecht zu werden, ist aufgrund seines Umfangs kaum möglich. Eine vertiefende Betrachtung zur Partizipation im Sinne einer Allgemeinbeteiligung von Kindern und Jugendlichen jenseits von Behinderung findet sich in verschiedenen Artikeln. Daher soll hier ein praxisnaher Überblick über diese Themen gegeben werden und Ansätze im Umgang mit Partizipation und Inklusion im Rahmen der Kinder- und Jugendfeuerwehr aufgezeigt werden.

Die Begriffe der Partizipation und Inklusion sind nicht scharf voneinander zu trennen.[1] Unter dem Begriff „Inklusion“ sind in Anlehnung an die Erziehungswissenschaftler Booth und Ainscow[2] alle Maßnahmen zu verstehen, die dazu führen, dass die Teilhabe aller Menschen an der Gesellschaft gestärkt wird, insbesondere aber ebenso Kinder und Jugendliche mit Behinderung auch in der Feuerwehr.

In der Tat stellt sich die Frage nicht, ob tatsächlich alle Kinder, die ein Interesse an der Mitgliedschaft in der Kindergruppe der Feuerwehr beziehungsweise in der Jugendfeuerwehr haben, auch teilnehmen können. Inklusion ist ein Menschenrecht. Seit seiner Ratifizierung im Februar 2009 ist das „Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen“ der Vereinten Nationen geltendes Recht in Deutschland. Darüber hinaus gilt schon nach Artikel 3 des Grundgesetzes, dass kein Mensch aufgrund seines Geschlechts, seiner Abstammung, Rasse, Sprache, Heimat, Herkunft, Behinderung und religiösen sowie politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden darf.[3]

Gleichberechtigung bedeutet nicht, dass jede/-r Gleiches leisten kann. Vielmehr geht es darum, Möglichkeiten zu schaffen, dass jedes Kind, jede/-r Jugendliche in der Feuerwehr willkommen ist und entsprechend der individuellen Fähigkeiten und Fertigkeiten an den Angeboten teilnehmen kann. Auch sind Vorkehrungen zu treffen, die die Teilhabe ermöglichen, beispielsweise durch eine Rampe.

Im Übrigen können auch Menschen mit Behinderung häufiger, als gedacht, uch in den Feuerwehren spielen Erwachsene eine aktive Rolle.[4]


[1] Vergleiche https://www.lag-selbsthilfe-nrw.de/faq/was-ist-der-unterschied-zwischen-inklusion-und-partizipation/ [2] Vergleiche Booth, Tony; Ainscow Mel (2003): Index für Inklusion. Lernen und Teilhabe in der Schule der Vielfalt entwickeln. Übersetzt, für deutschsprachige Verhältnisse bearbeitet und herausgegeben von Boban, Ines; Hinz, Andreas: Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. S. 17. [3] Vergleiche Artikel 3 des Grundgesetzes. [4] In den Bundesländern sind dafür unterschiedliche Landesgesetze zu berücksichtigen. Dazu regelt zum Beispiel in NRW das BHKG in § 9 Abs. 2, dass einer Freiwilligen Feuerwehr auch Personen angehören dürfen, die freiwillig und ehrenamtlich zur Erfüllung der Aufgaben der Feuerwehr nach diesem Gesetz auf andere Weise als durch die Mitwirkung im Einsatzdienst beitragen.

Inklusion und Pädagogik der Vielfalt

Oft wird Inklusion auch als Pädagogik der Vielfalt bezeichnet und meint damit, dass alle Menschen Teilhaberechte haben. Es geht dabei nicht um „Integration“, nur dabei sein und sich anpassen, sondern um Inklusion, auf die sich die aufnehmende Gruppe einlässt und selbst verändert, um alle willkommen zu heißen und die Teilhabe zu ermöglichen. Das ist weder Privileg noch Bevorzugung, wenn Barrieren und Ausschlussstrukturen oder Behinderungen damit und mit anderen Maßnahmen überwunden oder kompensiert werden können.

Abbildung Inklusion als Pädagogik erklärt[1]

Inklusion kann über die Zielgruppe der zehn Millionen Menschen mit Behinderung hinaus verstanden werden, wenn sie mehr die Pädagogik der Vielfalt und die Teilhabe aller meint. Im Jahr 2020 lebten rund 22 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland. Dies entspricht einem Bevölkerungsanteil von 26,7 %.[2] „Dennoch liegt der Anteil von Ehrenamtlichen mit Migrationshintergrund in den Katastrophenschutzorganisationen nur bei 8,1 %. Damit wird ein großes Bevölkerungspotenzial nicht genutzt.“[3] Eine Mitgliedschaft in der Feuerwehr beziehungsweise auch in Jugend- oder Kindergruppen kann jedoch einen Beitrag dazu leisten, ein etwaiges Gefühl des „Nicht-erwünscht-Seins“ zu verringern. Der geringe Anteil an Menschen mit Migrationshintergrund in der Feuerwehr begründet sich meist in einem Informationsdefizit, dass es überhaupt die Möglichkeit gibt, Mitglied in einer Freiwilligen Feuerwehr und ihren Kinder- und Jugendabteilungen zu werden.[4] Denn in vielen Nationen besteht diese Möglichkeit gar nicht. Das deutsche System einer zivilgesellschaftlich getragenen Gefahrenabwehr ist weltweit selten. Feuerwehr ist stattdessen vielerorts semi-beruflich oder gar paramilitärisch organisiert. Dieses Missverständnis schreckt Eltern oft ab, ihre Kinder in die Feuerwehr zu lassen.


[1] https://www.aktion-mensch.de/dafuer-stehen-wir/was-ist-inklusion [2] https://www.bpb.de/kurz-knapp/zahlen-und-fakten/soziale-situation-in-deutschland/61646/bevoelkerung-mit-migrationshintergrund/ (Zugriff am 07.12.2022). [3] Vergleiche Vöge, Dr. Monika; Böttche, Christina; Kühn, Olaf (2015): INKA – Ein Projekt im Rahmen des Programms „Forschung für die zivile Sicherheit“ der Bundesregierung. Hrsg: Berliner Feuerwehr, S. 28 f. [4] Vergleiche FeuerwEhrensache Pilotprojekt: „Kulturelle Vielfalt“ http://feuerwehrensache.nrw.de/pilotprojekte/arbeitsgruppe- 1/vielfalt/

Inklusion in der Feuerwehr leben

Unsere Welt ist bunt und grundsätzlich gilt: „Wo ein Wille ist, da ist ein Weg“ – auch ohne entsprechende Fortbildung. Eltern wissen über Besonderheiten, die ihr Kind betreffen, bestens Bescheid, das Kind selbstverständlich auch. Der erste Schritt sollte also ein Gespräch mit den Eltern sein, um gegenseitig alle nötigen Informationen auszutauschen. Je nach ermitteltem Mehraufwand für die Betreuenden spricht nichts dagegen, die Eltern oder familienunterstützende Dienste bzw. Integrationshelfer mit in die Feuerwehr einzubeziehen. Da der Feuerwehrleitung bei der Aufnahme von Kindern bzw. Jugendlichen ohnehin das letzte Wort obliegt, ist von ihr im Einzelfall zu prüfen, ob man dem Kind gerecht werden kann, wenn es aufgenommen wird. Andererseits darf niemand aufgrund seiner Behinderung ausgegrenzt werden.

In der Praxis sollte man sich immer wieder im Sinne der Inklusion die folgenden Fragen stellen. Diese dienen nicht der Bewertung einzelner Menschen oder der Feuerwehr – sie sollen Möglichkeiten aufzeigen, wie Inklusion vorangebracht werden kann! Da es sich dabei um einen Prozess handelt, der auf den Einschätzungen aller aufbaut, ist stets darauf zu achten, regelmäßig zu reflektieren, wie der aktuelle Stand ist. Entscheidend für die Nachhaltigkeit von Veränderungen im Zuge dieses Prozesses ist, dass die Veränderungen von den Beteiligten als eine Verbesserung wahrgenommen werden:[1]

  • Mit welchen Zielen werden Inhalte der Gruppenstunden und Dienste festgelegt?
  • Wie können Planungsprozesse und Inhalte verbessert werden?
  • Welche Hindernisse gibt es bei der Teilhabe an Gruppenstunden beziehungsweise Diensten?
  • Wer erfährt diese Hindernisse?
  • Wie werden diese Hindernisse verringert?
  • Wie sind die Erfahrungen mit der Verringerung von diesen Hindernissen?
  • Wo besteht Nachbesserungsbedarf?
  • Wie können die Hindernisse überwunden werden?
  • Fühlt sich jeder willkommen?

Denn Feuerwehr hilft und löst Probleme, das sind unsere Stärken!


[1] Vergleiche Booth, Tony; Ainscow Mel (2003): Index für Inklusion. Lernen und Teilhabe in der Schule der Vielfalt entwickeln. Übersetzt, für deutschsprachige Verhältnisse bearbeitet und herausgegeben von Boban, Ines; Hinz, Andreas: Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. S. 22, 50 ff.

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