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Medienpädagogik

Was ist medienpädagogische Kompetenz?

„Medienpädagogische Kompetenz umfasst die Lehrlernperspektive mit den beiden vorläufigen Hauptzielen, Medien im Unterricht einzusetzen (traditionell mit dem Begriff der Mediendidaktik belegt) und den [… Kindern und Jugendlichen] den Erwerb von Medienkompetenz zu ermöglichen (mit dem Begriff der Medienerziehung umschrieben.)“[1]

Pädagoginnen, Pädagogen und Leitende von Kinder- und Jugendgruppen sollten also eine gewisse Fähigkeit besitzen oder sich aneignen, Medienthemen im pädagogischen Sinne zu behandeln. Die Interessen, Fähigkeiten und Bedarfe der Zielgruppen müssen selbstverständlich berücksichtigt sein. Doch es braucht ebenso Rahmenbedingungen in der Jugendfeuerwehr, sodass medienpädagogisch erfolgreich gehandelt werden kann:

  • Wird die Umsetzung von Medienpädagogik gewollt und unterstützt?
  • Können dazu Geräte angeschafft werden?
  • Sind die Gruppenleitenden gewillt, Medienpädagogik einfließen zu lassen; brauchen sie Fortbildungen und/oder Ideen?[2]

[1] Blömeke (2000), S. 24 in: Süss/Lampert/Wijnen (2010), [2] Süss/Lampert/Wijnen (2010)

Was müssen die Gruppenleitenden leisten, wenn sie medienpädagogisch aktiv sein wollen?

  • Sie müssen auswählen, welche medienpädagogischen Lernangebote sie machen wollen und müssen diese entsprechend (medial) aufarbeiten.
  • Sowohl vorher als auch nachher sollte eine gute Kommunikation zwischen den Gruppenleitenden und der Zielgruppe herrschen. Die Bedürfnisse und Wünsche der Kinder und Jugendlichen sollten bei der Auswahl der Themen und Methoden mit einbezogen werden. Im Nachhinein können die Aktionen gemeinsam reflektiert werden. Hat es Spaß gemacht, mit Medien zu arbeiten? Hat es Lernerfolge gegeben?
  • Die Gruppenleitenden sollten im Sinne intergenerationaler Bildungsarbeit nicht nur Wissensvermittler sein, sondern auch Moderatorinnen, Moderatoren und Beratende sowie auch Lernende. Viel Wissen und vor allem technische Fähigkeiten sind bei den Kindern und Jugendlichen oft schon vorhanden. Dieser Gedanke nimmt den Gruppenleitenden den Druck, alles wissen zu müssen. Wichtig ist die Unterstützung der Kinder und Jugendlichen, sodass sie lernen, dass sie mit den Medien nicht alleine gelassen werden. Es braucht allerdings die Unterstützung der Erwachsenen, Moderation und methodische Umsetzung, um aus Medien zu lernen, einen Gebrauchswert zu erkennen, statt nur zu konsumieren.[1]

[1] Vergleiche Paechter (2007)

Wie können Gruppenleitende Medien einschätzen?

Grundsätzlich kann sich die Einschätzung von Medien an der Beantwortung folgender Fragen orientieren:

  • Was ist gut? (Vertretbarkeit)
  • Was ist schön? (Stimmigkeit, Verständlichkeit, Qualität)
  • Was ist wahr? (Gültigkeit, Wahrheit und Glaubwürdigkeit)
  • Was ist wichtig? (Relevanz)[1]

Außerdem gehört zur Einschätzung von Medien und Medieninhalten die Auseinandersetzung mit den jeweiligen Chancen und Risiken, die weiter unten ausführlich dargestellt werden.


[1] Medienphilosophische Grundfragen nach Doelker in: Süss/Lampert/Wijnen (2010)

Medienpädagogische Ansätze

Es gibt verschiedene Ansätze, wie Medienpädagogik umgesetzt werden kann oder auf was dabei zu achten ist. Fünf gängige Ansätze werden hier nun vorgestellt:[1]


[1] Süss/Lampert/Wijnen (2010)

Bewahrende Pädagogik

Wie der Name schon vermuten lässt, wird nach diesem Ansatz versucht, Kinder und Jugendliche vor schädlichen Einflüssen der Medien zu bewahren. Dazu zählen vor allem auch Initiativen des Jugendmedienschutzes, die einen Schutz vor Gewalt, Pornographie, Mediensucht oder Konsumsucht anstreben. Ein Weg dabei ist es, auf Medien zu verzichten und so andere Freizeitaktivitäten in den Vordergrund zu rücken. Die bewahrende Medienpädagogik setzt außerdem dort an, wo bei den Kindern und Jugendlichen eine geringe Resilienz verfügbar ist. Resilienz beschreibt die Fähigkeit, mit schwierigen psychosozialen Bedingungen so zurechtzukommen, dass keine psychischen Schäden daraus entstehen. Im Sinne von Gesundheitsförderung können Bedingungen unterstützt werden, die dabei helfen, gesund zu bleiben, statt sich auf die Gegebenheiten, die krankmachen, zu fokussieren. Zur bewahrenden Medienpädagogik zählen medienfreie Zeiten und die Verwendung von Medieninhalten, die dem Jugendmedienschutz entsprechen.[1]

 


[1] Siehe auch Six/Gimmler (2007)

Reparierende Pädagogik

Die reparierende Medienpädagogik geht davon aus, dass Medieneinflüsse nicht vermieden werden können. Diese müssen eingedämmt werden, sodass keine negativen Langzeitfolgen entstehen. Den Kindern und Jugendlichen muss nach der Medienerfahrung die Möglichkeit gegeben werden, bei der Verarbeitung Hilfe zu erhalten und sich im Gespräch damit auseinanderzusetzen.

Die Kritik an diesem Ansatz liegt darin, dass der Ursprung einer verstärkten Reaktion nicht primär vom Medieninhalt direkt kommt, sondern eine Reaktion auf ein belastendes Thema aus dem Lebensumfeld ist, das durch die Medienrezeption ausgelöst wurde. Hier müsste mit den Kindern und Jugendlichen an der Bewältigung der belastenden Situation in ihrem Lebensumfeld gearbeitet werden. Als Beispiel könnten Jugendliche selbst häuslicher Gewalt ausgesetzt sein, die sie glauben zu „kompensieren“, indem sie gewaltverherrlichende Medieninhalte konsumieren oder spielen.

Aufklärende Pädagogik

Das Ziel der aufklärenden Pädagogik ist die Abschwächung der Medienwirkungen. Indem Wissen über Medien vermittelt wird, ist es möglich, Medien zu durchschauen und so die Faszination zu reduzieren. Damit werden Kinder und Jugendliche autonom in ihren Entscheidungen, Medien zu konsumieren. Kinder und Jugendliche sollen zu kritischen Bürgerinnen, Bürgern, Konsumentinnen und Konsumenten erzogen werden, indem sie einen Blick hinter die Kulissen erhalten. Hieraus ergibt sich eine Aufklärung, warum Medien beispielsweise viele schlechte Nachrichten zeigen. Dieser Ansatz erfordert Vor- und Nachbereitung, da die Möglichkeit besteht, dass durch den Blick hinter die Kulissen noch mehr Faszination ausgelöst und damit auch der Medienkonsum erhöht wird.

Alltagsorientierte, reflexive Pädagogik

In diesem Ansatz wird der eigene Medienalltag reflektiert. Durch die Reflexion des eigenen Medienverhaltens soll die Möglichkeit gegeben werden, über die eigenen Medienerfahrungen nachzudenken und dadurch auch Schlüsse für den eigenen Alltag zu ziehen, um diesen bewusster zu gestalten. Dabei wird auch reflektiert, welche Bedürfnisse hinter der Medienwahl und der Auswahl von Inhalten stehen und welche Wirkungen bei einem selbst auftreten. Dadurch können Rituale und Gewohnheiten bewusst gemacht und ein individuell förderliches Medienverhalten erarbeitet werden. Hier spielen sicherlich Aufklärung und Medienkritik eine zentrale Rolle.

Handlungsorientierte Pädagogik

Bei der handlungsorientierten (Medien-)Pädagogik sollen Kinder und Jugendliche selbst zu aktiven Medienproduzierenden werden und dadurch ihre eigenen Botschaften entwickeln und schließlich vermitteln. Sie schlüpfen so in die Rolle der Medienproduzentin oder des Medienproduzenten. Dadurch erkennen sie beispielsweise die Spannung zwischen beabsichtigter und erzielter Wirkung von Medienbotschaften. Durch diesen Ansatz können Kinder und Jugendliche mit Medien kreativ werden, aber auch Inhalte schaffen. Beispiele für Methoden in diesem Ansatz sind: Zeitungsseiten gestalten, Radio-, Fernseh- oder Social-Media-Beiträge gestalten, selbst einen Werbespot erstellen. Durch die Produktion eines eigenen Werbespots sind Kinder und Jugendliche in der Lage, Werbung, die ihnen begegnet, leichter mit anderen Augen wahrzunehmen und zu hinterfragen.

Wichtig bei diesem Ansatz ist die gemeinsame Reflexion des Erlebten und auch des Prozesses der Herstellung. Dadurch erst können die Erfahrungen in das eigene Medienverhalten übertragen werden. In diesem Zusammenhang werden auch die eigene Privatsphäre und die öffentliche Präsenz von Medieninhalten diskutiert.

In der Jugendarbeit wird zumeist aktiv mit Medien gearbeitet, also der handlungsorientierte Ansatz angewendet. Sich auf nur einen der fünf genannten Ansätze zu beschränken, wäre zu wenig: Anhand der Situation und aufgrund der individuellen Besonderheiten der Kinder und Jugendlichen können alle Ansätze je nach Bedarf eingesetzt werden oder ihre Berechtigung haben.[1]

 


[1] Süss/Lampert/Wijnen (2010)

Medienerziehung

Ein Teil von Medienpädagogik ist die Medienerziehung. Medienerziehung ist auf der einen Seite die Erziehung über Medien, also die kompetente und reflektierte Mediennutzung bzw. die Medienkompetenzvermittlung. Auf der anderen Seite kann aber auch die Erziehung durch Medien gemeint sein, also welchen erzieherischen Einfluss die Medien selbst auf die Menschen haben. Dazu zählt auch der Einsatz von Medien für Erziehungs- und Bildungsprozesse (vergleiche den nächsten Abschnitt zu Mediendidaktik).

Medienerziehung durch Medien: Es gibt auch Medien, die selbst eine (direkte) erzieherische Wirkung haben, wie zum Beispiel Lernspiele, Dokumentationen oder Erklärvideos (wie die Sendung mit der Maus).

Neben den gewünschten erzieherischen Effekten können auch positive und negative Wirkungen von Medienangeboten ausgehen, die nicht beabsichtigt waren, zum Beispiel moralische oder pädagogische Aspekte in (unterhaltsamen) Serien oder Filmen.

Medienerziehung über Medien: Medienerziehung findet in allen Bereichen statt, in denen es eine erzieherische Verantwortung gibt, also im Elternhaus, in der Schule oder auch in der außerschulischen Jugendarbeit wie der Jugendfeuerwehr. Kinder und Jugendliche sollen darin unterstützt werden, sich unter Berücksichtigung der heutigen Mediengesellschaft optimal zu entwickeln. Die Ziele der Medienerziehung orientieren sich an allgemein gültigen und anerkannten Zielen, Werten und Normen der Erziehung. Wenn die Mediensozialisation problematisch verläuft, dann muss mit Medienerziehung interveniert werden. Kinder und Jugendliche sollen einen bewussten und kritischen Umgang erlernen, so ein eigenes Wertesystem aufbauen und aktive verantwortungsvolle Handelnde werden. Die Medienerziehung fängt bereits im Kleinkindalter beim Bilderbuch lesen an. Konflikte in der Medienerziehung ergeben sich bei der Dauer des Medienkonsums oder bei der Auswahl von Inhalten. [1]

Kinder und Jugendliche lernen sehr viel vom Verhalten ihrer Vertrauenspersonen (Lernen am Modell). Auch die Betreuenden in der Jugendfeuerwehr sind für sie Vertrauenspersonen und somit oft Vorbilder. Ihr Verhalten wird abgeschaut und nachgeahmt. In Bezug auf Medien müssen sich Betreuende dieser Tatsache bewusst sein: Sind die Betreuenden während der gesamten Gruppenstunde am Smartphone, fragen sich die Kids, warum sie es nicht sein sollen. Ist den Betreuenden Datenschutz im Umgang mit Fotos sehr wichtig, so wird auch das einen Einfluss auf das Veröffentlichungsverhalten der Kinder haben.


[1] Süss/Lampert/Wijnen (2010)

Mediendidaktik

Mediendidaktik meint die Vermittlung fachlichen Wissens und von Fertigkeiten unter Verwendung von Medien. Die Funktionen von Medien werden aktiv für die Vermittlung von Wissen verwendet. In Lehrsituationen werden nicht nur digitale Medien eingesetzt, sondern auch analoge, zum Beispiel Bücher und Texte. Der Einsatz von Medien erfordert von der Lehrperson ein bestimmtes Wissen im Umgang mit den verwendeten Medien und auch eine gewisse Reflexion des eigenen Medienumgangs.

Einsatz von Medien in der Vermittlung

Mediengestützte Angebote können bessere oder schlechtere Lernergebnisse herbeiführen. Es kommt darauf an, wie die didaktische Konzeption des Lernangebots gestaltet ist. Ob ein Lernerfolg eintritt, hängt sowohl von dem Behalten des Inhalts ab, aber auch vom Transfer, also ob die Inhalte auf die Lebenswelt übertragen werden können. Die Verwendung einer PowerPoint-Präsentation ist zum Beispiel kein automatisch besserer Weg, Wissen zu vermitteln, als ein (frontaler, monologischer) Vortrag. Wichtig ist, wie die (digitale) Präsentation gestaltet und aufgebaut ist, ob sie die Zielgruppe anspricht und wie sie von der Lehrperson zur Unterstützung des Gesagten eingesetzt wird.

Der Einsatz von Medien kann gewisse Chancen bieten, die ein analoges Lernen übertreffen: Es können Menschen mit dem Sehsinn angesprochen werden. Zudem erreichen Medien Menschen, die räumlich voneinander entfernt sind, zum Beispiel durch eine Videokonferenz. Es gibt auch ort- und zeitunabhängige  Lerninhalte, die online gestellt und selbstständig und flexibel aufgerufen werden können. So sind auch selbstgesteuertes und kooperatives Lernen möglich. Das Blended Learning (computergestütztes Lernen) verknüpft Online- und Präsenzzeiten miteinander. Das Kosten-Nutzenverhältnis und die Effizienz sollten abgewogen werden.

Ob diese Form des Lernens (Online oder Blended Learning) in der Jugendfeuerwehr einen breiteren Zugang und mehr Möglichkeiten bietet, muss kritisch anhand der Zielgruppe und der entsprechenden Zugangsvoraussetzungen überprüft werden. Digitale (Lern-)Angebote sollten auf die individuellen, sozialen und entwicklungsgemäßen Bedingungen der Kinder und Jugendlichen eingehen und ggf. eine Anpassung durchlaufen.

Die Reflexion der eingesetzten Medien in der Vermittlung

Die Gruppenleitenden sollten auch beim Einsatz von Medien als didaktische Mittel ihre Rolle als (Medien-)Pädagoginnen und (Medien-)Pädagogen im Blick behalten: Beim Lernen mit Medien kann immer auch der Einsatz der Medien im Nachgang reflexiv beurteilt werden, sodass diese Situationen ebenfalls Medienkompetenz vermitteln. Die flexible Handhabung der eigenen Rolle kann ebenso Lernerfolge erzielen. Ob die Rolle der Wissensvermittlung, Beratung oder Moderation eingenommen wird, hängt von der jeweiligen Lehrsituation ab. Ein Beispiel: Als Gruppenleiterin kann ich Knoten erklären und die Kinder nachmachen lassen (Wissensvermittlung). Ich kann aber auch die Kinder und Jugendlichen dabei anleiten, Erklärvideos zu erstellen, bei denen sie selbst die Knoten erklären (Moderation und Beratung). Natürlich braucht es auch hier vorher die Erklärung, wie der Knoten funktioniert (oder die Kinder und Jugendlichen eignen sich dies selbst an). Die Kinder und Jugendlichen erhalten eine Anregung zum Transfer und entwickeln sich selbst zu aktiv Handelnden. Dadurch, dass sie sich selbst mit dem Erklärprozess auseinandersetzen, wird der eigentliche Lerninhalt des Knotens ergänzt durch kommunikative Anforderungen (Brauche ich Wörter zum Erklären? Wie setze ich meine Wörter und meine Stimme ein?), soziale Anforderungen (Zusammenarbeit in einer Gruppe) und mediale Anforderungen (Wie bediene ich die Kamera? Wie positioniere ich mich oder den Knoten im Bild? Wie gestalte ich das Video interessant und inhaltlich richtig?).