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Kompetenzen vermitteln und erwerben

Eine Aneignung von Inhalten, die sich lediglich auf das Wissen eben darüber beschränkt, ist im Bereich der Jugendarbeit sowohl bei den teilnehmenden Kindern und Jugendlichen als auch im Rahmen der Aus- und Fortbildung der Gruppenleitenden und Betreuenden nicht nur nicht ausreichend, sondern am Ziel vorbei (vergleich Einordnung des Lernens – Warum lernen wir?). Jugendarbeit hat (im Sinne des SGB VIII nach § 8 Beteiligung von Kindern und Jugendlichen und SGB VIII § 11 Jugendarbeit) zum Ziel, die Kinder zur Selbstbestimmung zu befähigen und sie zu gesellschaftlicher Mitverantwortung und zu sozialem Engagement hinzuführen, indem sie die Angebote der Jugendarbeit mitbestimmen und mitgestalten dürfen. Damit die Kinder und Jugendlichen dazu fähig sind, müssen sie entsprechende Kompetenzen erlangen.

Ein Ziel dieses Konzepts ist es daher, die grundlegenden Kompetenzen aufzuzeigen, um die angestrebte Handlungsfähigkeit zu erlangen.

Um Menschen zur Gruppenleitung zu qualifizieren, reicht das alleinige Wissen der Anwärter/-innen nicht aus. Und auch die Schulungen von Betreuenden (bspw. durch JuLeiCa-Qualifizierungen) wird aus einer (reinen) Wissensabfrage nicht die Erkenntnis ziehen können, ob angehende Gruppenleitende in der Lage sind, tatsächlich eine Kinder- bzw. Jugendgruppe zu leiten. Innerhalb der Schulung und Fortbildung dieser Funktionsträger/-innen soll also ebenfalls keine reine Wissensvermittlung betrieben werden. Dies wäre in Bezug auf die Kinder und Jugendlichen, wie oben beschrieben, auch nicht im Sinne des SGB VIII. Vielmehr sollen die angehenden Gruppenleiterinnen und -leiter durch ihre Schulungen und Fortbildungen handlungsfähig werden (siehe JuleiCa-Richtlinien auf Beschluss der Arbeitsgemeinschaft der Obersten Landesjugend- und Familienbehörden 2009). Das Ziel lautet Handlungskompetenz. Gleiches gilt für die Kinder und Jugendlichen in ihren Gruppenstunden beziehungsweise Diensten.

Handlungskompetenz meint die Bereitschaft und die Befähigung, sachgerecht und sozial verantwortlich tätig zu werden. Die Bereitschaft spiegelt sich in der Selbstkompetenz wider und meint insbesondere Selbstständigkeit, Verantwortungsbewusstsein, Zuverlässigkeit und die Fähigkeit zur Selbstreflexion. Die Befähigung wird durch Fachkompetenz erlangt und meint „Aufgaben und Probleme zielorientiert, sachgerecht, methodengeleitet und selbstständig zu lösen und das Ergebnis zu beurteilen“. Um sozial handeln zu können, wird Sozialkompetenz benötigt. Damit ist eine verantwortungsbewusste und selbstreflektierte Interaktion mit anderen Menschen und der übrigen Umwelt gemeint.[3] Um nach der oben genannten Definition handlungskompetent zu werden, spielen auch weitere Kompetenzen wie die des Lernens und der Kommunikation eine Rolle. Die Kompetenzen sind zwar einzeln aufgeführt, greifen jedoch ineinander, wenn es um den Kompetenzerwerb geht.

Folgendes Beispiel soll verdeutlichen, was konkret unter dem Begriff "Kompetenz" zu verstehen ist.

Mutter: "Mein Junge kennt schon das große Einmaleins!"

Nachbarin: "Beeindruckend! Dann soll er mal 17 × 15 rechnen."

Mutter: "Ich sagte, dass er das große Einmaleins kennen würde und nicht, dass er alle Aufgaben des großen Einmaleins rechnen kann. Er kennt das große Einmaleins und kann auch ein paar Aufgaben rechnen. Aber jetzt will er das nicht tun."

Eine reine Wissensabfrage kann demnach kaum Rückschlüsse darauf zulassen, ob das erworbene Wissen auch angewandt werden kann und die Person auch willens ist, das zu tun.

Kompetenzerwartungen können und sollen daher nicht ausschließlich für inhaltliche Ziele (Fachkompetenz) aufgestellt werden. Beispielsweise sind die Ausprägung von (Sport-)Motorik, Sprach- und Sozialkompetenz Aspekte, deren Auswirkungen Gruppenleitende oft erst dann wahrnehmen, wenn die Gruppenstunde oder der Dienst schon läuft oder eben nicht läuft, weil sich die Gruppenleitung nicht eingehend mit den vorhandenen Kompetenzen ihrer Zielgruppe befasst hat. Über die Fachkompetenz hinaus ist die Beachtung weiterer Kompetenzen also unerlässlich, weil diese in Wechselwirkung zueinander stehen.[4] Teilnehmende Kinder und Jugendliche ohne Kompetenzen werden schwerlich ein Team (Sozialkompetenz) und können weder eine Gruppenaufgabe erfolgreich bewältigen (Fachkompetenz) noch diese vorstellen (Kommunikations-/Medienkompetenz).

Diese Ausrichtung dient der Betreuendenqualifizierung, angehenden Betreuenden und übrigen Lernenden als Orientierung dafür, welche Kompetenz in einem Inhaltsfeld zu erreichen ist, damit die angehenden Betreuenden und auch die Kinder und Jugendlichen handlungsfähig werden. Die Kompetenzorientierung eignet sich somit auch zur Reflexion und Beurteilung. Sie ist daher zentrales Element dieses Konzepts.

Kompetenz als Verknüpfung von Wissen und Handeln impliziert jedoch auch, regelmäßig das Wissen aufzufrischen, sich auszutauschen und aktiv tätig zu werden, damit weiterhin Handlungsfähigkeit besteht.


[3] Vergleich Kultusministerkonferenz (2017): Handreichung für die Erarbeitung von Rahmenlehrplänen der Kultusministerkonferenz für den berufsbezogenen Unterricht in der Berufsschule und ihre Abstimmung mit Ausbildungsordnungen des Bundes für anerkannte Ausbildungsberufe, S. 14.

[4] Vergleich Richtlinien und Lehrpläne für die Grundschule in Nordrhein-Westfalen, 1. Auflage 2008, S. 13.

Exkurs Medienkompetenz

Auch die Schulministerien der Länder sehen die Notwendigkeit, sich auf die Anforderungen der digitalen Welt und die damit einhergehenden Veränderungen vorzubereiten, denn mit den neuen Möglichkeiten, die die digitale Welt bietet, sind auch Fähigkeiten vonnöten, mit ebendiesen verantwortungsbewusst umzugehen. Das Stichwort lautet: Medienkompetenz. Es geht vereinfacht gesagt darum, dass die Nutzer in die Lage versetzt werden „alle Chancen einer digitalisierten Welt nutzen und gleichzeitig mögliche Risiken erkennen und abwenden zu können.“ Um dies zu ermöglichen, dass „die Mediennutzung von Kindheit an in der pädagogischen Arbeit verantwortlich zu gestalten“ ist, besteht der Gedanke, dass Kinder und Jugendliche nicht allein im Informatikunterricht die nötige Medienkompetenz erwerben, sondern themenübergreifend bei jeder Gelegenheit, in der sie entsprechende Medien nutzen. Und an dieser Stelle können sich die Kinder- und Jugendfeuerwehren daran beteiligen, dass unser Nachwuchs verantwortungsvoll in einer digitalen Welt aufwächst und lernt, was konstruktive Medienkritik ist.[1]

Linktipp: Medien in der Jugendfeuerwehr!


[1] Vergleich Schulministerium NRW (2016): Lernen im Digitalen Wandel – Unser Leitbild 2020 für Bildung in Zeiten der Digitalisierung, S. 3 ff.

Formulierung von Kompetenzen

Bei der Planung von Gruppenstunden oder Diensten darf nicht in erster Linie gefragt werden, was die Betreuenden (gerne) machen können oder möchten! Sondern, um es auf den Punkt zu bringen, muss die zentrale Fragestellung bei der Planung einer Gruppenstunde oder eines Dienstes lauten: Was sollen die Kinder und Jugendliche nach der Gruppenstunde, dem Dienst oder dem Themenblock können?

Die Frage ist die gleiche wie bei der Formulierung von Kompetenzen. Die Antwort auf die Frage kann als Kompetenzerwartung verstanden werden.

Je kleinschrittiger die Aufgaben gestellt, um so differenzierter können die Kompetenzen formuliert werden. Dies erfolgt unter Zuhilfenahme bestimmter Verben – sogenannten Operatoren. Wie das Beispiel mit dem großen Einmaleins zeigt, sind „kennen“ und auch „wissen“ keine geeigneten Verben für die Formulierung von Kompetenzen. In Anlehnung beispielsweise an den Operatorenkatalog eines Schulministeriums sind in der nachfolgenden Tabelle exemplarisch Verben zusammengetragen, die für die Formulierung von Kompetenzen geeignet sind:

Verb/Operator Definition
Benennen, Beschreiben Sachverhalt ohne Material fachsprachlich ohne Erläuterung richtig wiedergeben
Herausarbeiten Sachverhalt anhand von vorgegebenem Material fachsprachlich richtig wiedergeben
Darstellen Sachverhalt anhand ihrer typischen Eigenarten wiedergeben und strukturieren
Analysieren Sachverhalt oder Material auf eine Fragestellung gezielt herausarbeiten und untersuchen
Erklären Sachverhalt oder Material mit eigenen Kenntnissen in Bezug auf z. B. Zusammenhänge wie Ursache/Wirkung nachvollziehbar machen
Erläutern Zusammenhänge von Sachverhalten darstellen und anhand von Beispielen erklären
Vergleichen Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Sachverhalten benennen oder herausarbeiten
Beurteilen Unter Verwendung von Fachwissen und eigenen Kenntnissen Aussagen auf Richtigkeit oder Maßnahmen auf Angemessenheit prüfen und ein Urteil fällen
Bewerten Aussage, Maßnahme, Sachverhalt beurteilen und unter Benennung der Beurteilungskriterien eine Stellungnahme abgeben.

In Kombination mit dem Musterverlaufsplan (vergleich Planung einer Gruppenstunde oder eines Dienstes) zur Planung von Gruppenstunden und Diensten können so Einheiten für die Kinder- und Jugendfeuerwehr geplant, durchgeführt und reflektiert werden, die einen ganzheitlichen Ansatz im Sinne des § 11 Abs. 1 SGB VIII verfolgen und die ein konkretes Ziel haben, das sich eben nicht nur auf die bloße Wissensvermittlung beschränkt.