Von der Jugendfeuerwehr in die Einsatzabteilung
„Nachhaltiges Engagement der Feuerwehr sichert die Leistungsfähigkeit unserer Feuerwehren. […] Wichtig ist die Kommunikation auf Augenhöhe.“
Eines der Ziele der Jugendfeuerwehr als Jugendverband ist, die Kinder und Jugendlichen zu halten und zu einem Übertritt aus der Jugendabteilung in die Einsatzabteilung zu motivieren. Die Jugendordnung der Deutschen Jugendfeuerwehr formulierte ursprünglich dieses Ziel in ihren grundsätzlichen Aufgaben des Verbandes. Darin hieß es, dass die DJF zu dem Bekenntnis der Deutschen Feuerwehren zum sozialen und humanitären Engagement und dessen Verwirklichung beitragen möchte. Um dieses Ziel zu verfolgen, wurden unterschiedliche Aufgaben definiert und erläutert. Eine der Aufgaben war es, die Jugendlichen in das Gemeinwohl einzuführen und an den Dienst am Nächsten heranzuführen. An dieser grundsätzlichen Zielstellung kann festgehalten werden. „Unter Berücksichtigung der persönlichen Leistungsfähigkeit der Kinder und Jugendlichen“ sollen die Mitglieder der Jugendabteilung auf die Einsatzabteilungen vorbereitet und damit der Übertritt angestrebt werden.
Das heißt, dass die Deutsche Jugendfeuerwehr u. a. als Organisation zur Nachwuchsgewinnung geschaffen wurde. Es sollen neue Mitglieder für die Einsatzabteilungen der Freiwilligen Feuerwehren akquiriert und motiviert werden, um aktive Mitglieder zu werden. Dafür ist es notwendig, sich zu überlegen, wie ein Übertritt der Abteilungen gut gelingen kann und welche Rahmenbedingungen dafür notwendig sind. Immerhin ist für 69 % der über 16-jährigen Mitglieder der Jugendfeuerwehren ein Übertritt selbstverständlich.
Wenn wir es als Feuerwehr geschafft haben, die große Altersspanne so zu gestalten, dass die Jugendlichen engagiert sind, ist es von großer Bedeutung, sie zu halten und zu einem Übertritt zu motivieren. Wie kann das gelingen? Das ist die große Frage des folgenden Abschnitts. Zunächst einmal ist zu schauen, wann Jugendliche das Alter erreicht haben, um in die Einsatzabteilung übertreten zu können.
Das Alter des Übertritts wird in den Feuerwehrgesetzen und Landesverordnungen der jeweiligen Bundesländer geregelt. So ist in Hamburg der Übertritt mit 17 Jahren möglich, aber der aktive Einsatzdienst erst ab 18 Jahren gestattet. Auch in Hessen ist dies der Fall. Hier gilt jedoch, dass Übungsdienste bereits mit 16 Jahren besucht werden können. Die Altersobergrenze der Jugendabteilungen der Jugendfeuerwehren liegt bundesweit bei 27 (Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein), wobei in Baden-Württemberg und Bayern die Grenze schon bei 17 Jahren liegt.
Und so geht's in diesem Artikel weiter:
Den Übertritt gestalten
„Der Übergang von der Jugendfeuerwehr in die Einsatzabteilung ist für den jungen Menschen ein Einschnitt. Es ist daher wichtig, ihm Brücken zu bauen und Halt zu geben, bis er in der neuen Gruppe angekommen ist.“
Was benötigen aber Jugendliche, die aus der eigenen Jugendabteilung übertreten? Wie kann ein Übertritt möglichst gut und reibungslos gestaltet werden und was muss beachtet werden? Im Folgenden werden unterschiedliche Möglichkeiten, Fallstricke und Best-Practice-Beispiele vorgestellt. Sie dienen der Orientierung und stellen nicht das A und O der Thematik dar.
Ob Jugendliche von der Jugendabteilung in die Einsatzabteilung übertreten, hängt von vielen unterschiedlichen Faktoren ab. Es ist wichtig, sich über diese Faktoren im Klaren zu sein, um Hindernisse beim Übertrittsvollzug zu minimieren. Zum einem sind die persönlichen und individuellen Merkmale der Jugendlichen von entscheidender Bedeutung. Jungen treten häufiger als Mädchen in die Einsatzabteilung über. Das ist aus den Statistiken der letzten Jahre ersichtlich.
Ein Übertritt von der Jugend- in die Erwachsenenabteilung ist ein Weg, der gut vorbereitet und durchdacht ablaufen sollte. Dafür ist es sinnvoll, die Jugendlichen, bevor sie das Alter für den Übertritt erreichen, auf diesen vorzubereiten und in die Schritte einzubeziehen. Es bietet sich an, dass die Einsatzabteilung grundsätzlich in Angebote und Veranstaltungen der Jugendabteilung einbezogen wird und umgekehrt. Hier können sich „neue“ Bewerbende und Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr unbeschwert und ohne Druck kennenlernen.
Somit wird der Übertritt zu einem „schleichenden“ Übertritt bzw. fortlaufenden Prozess. Gemeinsame Aktivitäten können beispielsweise Übungsdienste, Fahrzeugpflege oder Ausfahrten sein. Ebenso können Teamevents in vielerlei Hinsicht hilfreich sein. Spiel und Spaß können die Zusammengehörigkeit der Einsatz- und Jugendabteilung stärken und zeigen, dass es „eine Einheit“ ist. Ein regelmäßiges Erscheinen der Wehrleitung bei Zusammenkünften der Jugendfeuerwehr wäre wünschenswert. Hier werden erste Kontakte geknüpft und die Jugendlichen lernen die Wehrleitung besser kennen.
Für den Übertritt bietet sich folgender leicht modifizierter Ablauf aus der Jugendfeuerwehr Hamburg exemplarisch an:
- Übertrittsgespräch mit der/dem Jugendlichen, den Eltern, der/dem Zuständigen in der Wehrleitung und der/dem JFW
- Probedienste gemäß Regelung in der Wehr
- Geheime Abstimmung der Wehrversammlung über die befristete Aufnahme für zwei Jahre
- Aufnahmeantrag auf dem Dienstweg
- Führungszeugnis muss die/der Anwärter/-in selbst beim Kundenzentrum
(vergleichbar mit einer Stadtverwaltung / einem Bürgeramt) beantragen und weiterleiten lassen
[oder gleich direkt beim Bundesamt der Justiz ein Führungszeugnis beantragen] - Ärztliche Feuerwehrtauglichkeitsuntersuchung
- Einkleidung bei der Kleiderkammer und Rückgabe JF-Bekleidung an die/den JFW
- Grundausbildung
- Grundausbildungsabnahme
- Geheime Abstimmung der Wehrversammlung über die endgültige Aufnahme in die FF nach mindestens zwei Jahren
- Feierliche Wertschätzung und Anerkennung, bspw. Gelöbnis im Rathaus ‚Ehrenbeamter‘
Hierbei sind die eigenen Bestimmungen der Länder und Wehren immer zu beachten und zu erfragen.
Das Übertrittsgespräch
Teil des Übertrittsprozesses sollte ein Übertrittsgespräch sein. An dem Gespräch sollten neben der/dem Jugendlichen und der/dem Wehrleiter/-in auch die/der Jugendfeuerwehrwart/-in und die Erziehungsberechtigten der/des Jugendlichen teilnehmen. Dies kann je nach Bundesland und Wehr anders geregelt sein. Es sollten aber, wenn möglich, alle Hauptverantwortlichen vertreten sein.
Während des Gespräches ist auf eine wertschätzende Atmosphäre zu achten. Die Jugendlichen sind unsere „Rohdiamanten”. Genauso wie Erwartungen sollten auch Fragen und Befürchtungen der Jugendlichen einen ausreichenden Raum finden. Diese könnten beispielsweise sein, dass die Wehrleitung Disziplin und Zuverlässigkeit fordert. Die Jugendlichen könnten im Gegenzug gegenseitige Wertschätzung und Anerkennung voraussetzen. Den Jugendlichen sollten insgesamt der Rollenwechsel und die nun geänderten Anforderungen an die neue Rolle erläutert werden.
Themen des Übertrittsgesprächs können unter anderem der Zeitpunkt des Übertritts, Regelungen bezüglich der Teilnahme an Übungs- und Einsatzdiensten usw. sein. Hier ist den länderspezifischen Regelungen nachzukommen. Bei der Teilnahme an Übungen und Veranstaltungen ist zu beachten, dass ggf. Aspekte des Jugendschutzgesetzes und die Aufsichtspflicht zu berücksichtigen sind. Weitere Themen sollten die Tauglichkeitsuntersuchung, der Ablauf der Grundausbildung und weitere Einweisungen sein.
Was brauchen Jugendliche, die übergetreten sind?
Zwischen Erwartungen und Bedenken
Die Feuerwehr ist eine Organisation, die sich gegen Konkurrenz durchsetzen muss. Wenn wir Nachwuchs aus den eigenen Reihen akquirieren und gewinnen möchten, müssen wir uns dies bewusst machen. Es ist nicht selbstverständlich, dass die/der Jugendliche automatisch in die Jugendfeuerwehr und dann in die Einsatzabteilung übertritt. Sportvereine und andere Verbände werben die Jugendlichen ab.
Wir sollten uns im Klaren darüber sein, dass wir als Blaulichtorganisation eine bestimmte Klientel oder Milieu ansprechen und nicht alle gleichsam bespielen können, „auch nimmt der Anteil der individuellen Freizeitgestaltung außerhalb von Vereinen immer mehr zu. Wenn wir die Jugendlichen zum Übertritt in die Einsatzabteilung und zum Bleiben bewegen wollen, müssen wir als Feuerwehr ‚kundenorientiert‘ vorgehen“.
Und gewissermaßen ist der Kunde König. So ist es notwendig, sich im Klaren darüber zu sein, dass Jugendliche, wie bereits erwähnt, unterschiedliche Erwartungen und Befürchtungen gegenüber der Erwachsenenabteilung haben. Wie kann man diesen begegnen und welche Wünsche können beim Prozess des Übertritts wichtig sein?
Die Jugendlichen wünschen sich vor allem:
- einen respektvollen, kameradschaftlichen und gerechten Umgang auf Augenhöhe,
- Anerkennung der bisherigen Leistungen (das beinhaltet vor allem den Austausch von Leitungskräften über den Wissenstand des/der Jugendlichen),
- keine Überforderung der Leistungsgrenzen der Jugendlichen (wobei hier vor allem gesetzliche Grundlagen beachtet werden müssen),
- einen geduldigen und nachsichtigen Umgang beim Wissenserwerb,
- eine gute Fehlerkultur,
- feste Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner,
- eine frühe Einkleidung,
- ein wertvolles und wertschätzendes Miteinander, auch gegenüber dem bereits aus der JF-Zeit vorhandenen Vorwissen der Jugendlichen,
- Partizipation,
- interessante Dienste und Abwechslung,
- vor allem Spaß und Kameradschaft,
- Flexibilität (z. B. Gewähren von Auszeiten etc.),
- Anerkennung der neuen Position und Funktion.
Eine große Rolle spielt die aktive Teilnahme, also das Einbeziehen in die Wehr. Die Jugendlichen möchten nach dem Übertritt als Erwachsene anerkannt und angesehen werden. Ein wichtiger Meilenstein wurde hier erreicht.
Die Ausstattung mit einem Meldeempfänger nimmt einen großen Stellenwert ein, da somit klargestellt wird, dass der/die Jugendliche dazugehört und Teil von etwas Großem ist. „Die Jugendlichen freuen sich auf diesen Wechsel und scheuen lange Wartezeiten. Besonders motivierte und engagierte Nachwuchskräfte hoffen auf einen schnellen, unkomplizierten Übergang von der Jugendfeuerwehr in die Einsatzabteilung.“
Probleme beim Übertritt und Möglichkeiten der Vermeidung
Der Übergang von der Jugendabteilung in die Einsatzabteilung muss begleitet werden. Die Jugendlichen sollten unterstützt und Leitungskräfte in den Wehren auf die Aufgabe als Begleitende vorbereitet werden. Im Folgenden werden mögliche Probleme beim Übertrittsprozess erläutert sowie Tipps und Tricks zur Vermeidung formuliert. Diese können meistens durch das direkte Gespräch mit den Bewerbenden geklärt werden.
Kennenlernen
Die Jugendlichen, die von der eigenen Jugendfeuerwehr in die Einsatzabteilung übertreten, kennen im besten Fall schon einige Kameradinnen und Kameraden. Es sollte aber nicht unterschätzt werden, dass ein gegenseitiges Kennenlernen auch hier nötig ist. Die Jugendlichen müssen sowohl die Kameradinnen und Kameraden der Einsatzabteilung kennenlernen, die sie nicht kennen und die nicht zum Betreuendenstab der Jugendabteilung gehören. Auch die Mitglieder der aktiven Wehr müssen die Neulinge kennenlernen. Hier ist zu bedenken, dass vor allem auch „persönliche Hintergründe“ beachtet werden sollten und diese oft Aufschluss über manche Eigenheiten der Bewerbenden gibt. So ist es möglich, eine Atmosphäre des „guten Miteinanders von Beginn an“ zu etablieren.[i]
Das Kennenlernen kann zum Beispiel durch gemeinsame Übungen und Veranstaltungen der Einsatz- und Jugendabteilung der Wehren erleichtert werden. Beim ersten Besuch einer Übung der Einsatzabteilung sollten sich die Mitglieder der Einsatzabteilung namentlich vorstellen – ebenso die Bewerbenden. Eine Idee könnte das Erstellen eines Steckbriefs der jeweiligen Bewerbenden sein, indem sie sich vorstellen.[ii]
[i] Vgl. Hessische Jugendfeuerwehr (2015), S. 42
[ii]Vgl. Hessische Jugendfeuerwehr (2015), S. 42
Patenmodell
Die neuen Kameradinnen und Kameraden, die von der Jugendabteilung in die Wehr übertreten, müssen sich erst einmal einleben und die neuen Strukturen der Einsatzabteilung kennenlernen. Abläufe der Einsatzabteilung sind für die Mitglieder oft selbsterklärend, für neue Einsatzkräfte allerdings ungewohnt und unbekannt. Dabei kann es helfen, eine feste Ansprechperson zu haben. Durch sie wird der Übergang eng begleitet und die Jugendlichen haben jemanden, mit dem sie Probleme und Fragen besprechen können. Dabei sollte die Patin oder der Pate „empathisch sein, Spaß an der Aufgabe haben, einen jungen Menschen anzuleiten, Verständnis für Fehler zeigen, Unsicherheiten nehmen, gerade am Anfang proaktiv sein, später als Ansprechperson zur Verfügung stehen, in der Einsatzabteilung erfahren und anerkannt sein, sich auskennen, offen für Fragen sein und dies auch vermitteln, die Jugendlichen ‚an die Hand nehmen‘, sie bei den formalen Akten (Einkleidung, Lehrgangsanmeldung etc.) unterstützen und in die Gruppe einführen – wenn nötig auch vor ihrem/seinem Schützling stehen, den jungen Menschen behutsam auf (mögliche) Fehltritte hinweisen und ‚Türöffner‘ sein“[i]
Patinnen und Paten sollten sich in ihrer Rolle vor allem als Begleitende verstehen. Hier ist auch zu berücksichtigen, dass die Jugendlichen einerseits selbstständig sind und sein sollten sowie andererseits eine gewisse Führung stattfinden sollte. Also ein Gleichgewicht geschaffen wird zwischen Loslassen und Führen.[ii]
[i] Hessische Jugendfeuerwehr (2015), S. 44
[ii] Vgl. Hessische Jugendfeuerwehr (2015), S. 44
Hobby zu zeitintensiv
Wenn an Hobbys gedacht wird, dann vornehmlich an Spaß, eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung und eine freie Zeiteinteilung. Das trifft in diesem Sinne auf die Freiwillige Feuerwehr nur teilweise zu.
Die freie Zeiteinteilung ist u. a. eine Herausforderung. Niemand kann genau sagen, wann sich der Meldeempfänger bemerkbar macht und einen Einsatz ankündigt, wo sich die Einsatzkraft gerade befindet, was sie in dem Moment tut und wann sie wieder am Arbeitsplatz oder zu Hause sein wird. Damit ist die Freiwillige Feuerwehr als Verein nicht so strukturiert wie ein Fußballverein. Dennoch ist sie strukturierter als andere Freizeitbeschäftigungen wie Fahrrad fahren oder Briefmarken sammeln. Diese Struktur ist ambivalent.[i] Einerseits ist sie wichtig und kann neue Perspektiven eröffnen, andererseits kann sie auch mit Pflichten verbunden sein wie der Teilnahme an Einsatzdiensten, Übungsdiensten, etc. Um diese Herausforderungen anzugehen, bietet sich vor allem eine Kommunikation an, die transparent und auf Augenhöhe stattfindet. Erwartungen der Wehrleitung sind mit den Erwartungen der Jugendlichen und Sorgeberechtigten anzusprechen und abzustimmen. Dabei sollte unter anderem deutlich werden, dass Feuerwehr sicher unvorhergesehen und zeitintensiv ist, aber immer noch Freizeit – und somit im Zweifel Schule und Ausbildung einfach vorgehen.
Hier kann vor allem Transparenz Abhilfe schaffen. Klare Linien zwischen Ehrenamt, Schule, Ausbildung und anderen Verpflichtungen sollten gezogen werden. Ein goldener Mittelweg zwischen Freizeit und Pflicht sollte hier die Lösung sein, denn „Jugendliche in der JF bekommen keinen Einblick über den zeitlichen Aufwand und die Erwartungen, die in der Einsatzabteilung auf sie zukommen.“[ii]
Den Jugendlichen muss hier vor allem Raum gegeben und Verständnis gezeigt werden, wenn zum Beispiel Schule oder Ausbildung einmal einen sehr großen Anteil an zeitlichen Kapazitäten einnehmen. Das ist richtig so!
[i] Vgl. Jugendfeuerwehr Bremen (2015), S. 12
[ii] Jugendfeuerwehr Bremen (2015), S. 12
Umgangston der Einsatzabteilung
„,Der Ton macht die Musik.‘ Dass die Ansprache der Führungskräfte innerhalb der Einsatzabteilung rauer […] sein kann, steht außer Frage. In Einsatzsituationen und in der Ausbildung der Kräfte ist dies zwischenzeitlich auch notwendig und verständlich. Für die Jugendlichen bedeutet das aber eine Umstellung. Denn in der Regel ist die Hierarchie in der Jugendfeuerwehr mit Jugendfeuerwehrwarten sowie Jugendgruppenleitern nicht so ausgeprägt“[i].
Hier sollte vor allem ein Umdenken stattfinden und die Art und Weise des Umgangs an die Erfahrungen der Kameradinnen und Kameraden und an die jeweilige Situation bedarfsgerecht angepasst werden, um mögliche Fallstricke zu umgehen und keine falschen Befürchtungen zu bedienen. Die Einsatzleitung sollte in der Lage sein zu differenzieren, in welcher Situation welcher Ton angebracht ist und ggf. auch bei neueren Kameradinnen und Kameraden diesen Ton anpassen.
[i] Jugendfeuerwehr Bremen (2015), S. 12
Wer ist wie involviert in die Thematik Übertritt?
Jugendfeuerwehrwart/-innen, Wehrleitung und Eltern
Es wurde in den bisherigen Abschnitten bereits deutlich, dass verschiedene Faktoren Einflüsse auf einen gelungenen Übertritt aus der Jugendfeuerwehr in die Einsatzabteilung haben. Hier sind neben der Jugendfeuerwehrwartin oder dem Jugendfeierwehrwart und der Wehrleitung auch die Eltern gefordert. Im Folgenden wird auf die Rolle der Akteurinnen und Akteure auf Feuerwehrebene ein genauerer Blick geworfen, ebenso auf die Rolle der Wehrleitung und die der Jugendfeuerwehrwartinnen und -warte.
Jugendfeuerwehrwartinnen und -warte haben im Idealfall auch nach dem erfolgten Übertritt aus der Jugendabteilung in die Einsatzabteilung noch einen Draht zu Jugendlichen und ein offenes Ohr für Probleme. Sie sollten weiterhin ansprechbar sein. Grund hierfür ist, dass sie durch die Zeit in der Jugendfeuerwehr die neuen Anwärterinnen und Anwärter bereits gut kennen und eine Beziehung aufgebaut haben sollten. „Sie/Er hat bereits das Vertrauen der Jugendlichen gewonnen und kennt diese sehr gut, so dass sie/er auch in der Anfangszeit in der Einsatzabteilung Rückfallebene und Türöffner sein kann.“[1]
Eine andere Rolle nimmt in dem Fall die Wehrleitung ein. Durch die Hauptverantwortung für den regulären Dienstbetrieb der Wehr setzt hier ein anderes Rollenverständnis ein. Die Wehrleitung sollte den gesamten Übergangsprozess überblicken und koordinieren, da hier die Hauptverantwortung für die Mitglieder der Abteilungen der Wehr liegt. Dabei nimmt die Wehrleitung die Kernaufgabe der Planung, Kontrolle und Durchführung des Übergangsprozesses von Jugendabteilung in die Einsatzabteilung ein.[2]
Planung
Durch die organisatorische Hauptverantwortung über alle Abteilungen der Wehr ist die Wehrleitung auch für die Personalplanung im weitesten Sinne verantwortlich. Neben der Analyse der aktuellen Mitgliederstruktur der Jugend- und Einsatzabteilung gehört auch das Im-Blick-Behalten der Aufrechterhaltung der Einsatzfähigkeit der Wehr. Hierfür ist es von großer Bedeutung, Ein- und Austritte zu beobachten und den Übertritt der Jugendlichen in die Einsatzabteilung mit zu planen und zu gestalten. Dabei sind die organisatorischen und örtlichen Eigenheiten und Rahmenbedingungen zu beachten. Die Gestaltung des Übertritts sollte mit der Jugendfeuerwehrwartin oder dem Jugendfeuerwehrwart zusammen besprochen werden und es sollte ein reger Austausch zwischen den einzelnen Abteilungen stattfinden.[i]
[i] Vgl. Hessische Jugendfeuerwehr (2015), S. 45 f.
Durchführung
Die Durchführung des Ablaufs eines Übertritts sollte ebenfalls durch die Wehrleitung im Blick behalten werden. Dafür nimmt sie an den Gesprächen mit den Jugendlichen teil und hält Absprache mit der Jugendfeuerwehrwartin oder dem Jugendfeuerwehrwart. Darüber hinaus „sensibilisiert [die Wehrleitung] die Mitglieder der Einsatzabteilung, insbesondere die Führungskräfte, bzgl. des Umgangs mit den übertretenden Jugendlichen.“[i]
[i] Hessische Jugendfeuerwehr (2015), S. 46
Kontrolle
Die Wehrleitung sollte den Übergangsprozess insgesamt und die Entwicklung der Jugendlichen aktiv und interessiert begleiten. Hierfür sollte das eigene Modell des Übergangs immer wieder hinterfragt werden und vor allem mit den Jugendlichen, den Eltern und eigenen Leitungskräften evaluiert werden, was wie funktioniert.[i]
[i] Vgl. Hessische Jugendfeuerwehr (2015), S. 46
Bewertung
Es gibt kein Patentrezept für den erfolgreichen Übertritt von der Jugendabteilung in die Einsatzabteilung. Es sind immer verschiedene individuelle Faktoren zu bedenken. Es hat sich gezeigt, dass es wichtig ist, in diesem Feld der Feuerwehr einen Perspektivwechsel vorzunehmen. Lasst uns von den Jugendlichen aus schauen und den Übertritt mit ihnen gemeinsam gestalten. Dies kann gelingen, indem wir uns bewusstwerden, dass wir Jugendliche halten möchten. Das ist eine Grundvoraussetzung und -haltung, die in der Einsatzabteilung und bei den Leitungskräften aller Abteilungen vorhanden sein sollte.
Der Prozess des Übertritts beginnt nämlich schon im Kopf der Leitungskräfte und nicht erst mit Erreichen der Altersgrenzen. So ist von großer Bedeutung, die intrinsische Motivation der Jugendlichen aufzugreifen und in den Übertrittsprozess, und zwar durch aktive Teilhabe, zu integrieren.
Dafür ist es existenziell, Rahmenbedingungen für den Übertritt zu schaffen. Zu diesen gehören unter anderem gemeinsame Aktivitäten der verschiedenen Abteilungen, das Brückenbauen durch Angebote, die Thematisierung des Übertritts bei den Leitungskräften in den Wehren – auch bei deren Ausbildung – und das Halten eines Gleichgewichts zwischen Erwartungen der Jugendlichen und der Einsatzabteilung.
Im Laufe dieses Abschnittes wurden unterschiedliche Modelle und Herausforderungen zum Thema Übertritt von der Jugendabteilung in die Einsatzabteilung vorgestellt und Lösungsansätze präsentiert. Wie bereits formuliert, handelt es sich nicht um das Konzept, das überall und eins zu eins übertragen werden kann. Es soll Anregungen für den eigenen Dienstbetrieb geben und Ideen und Vorschläge formulieren, die gänzlich oder in einer abgewandelten Form umgesetzt werden. Möglichkeiten sollten genutzt werden, um langfristig Vielfalt gestalten zu können.
Denn: „Die Jugend soll ihre eigenen Wege gehen, aber ein paar Wegweiser können nicht schaden.“[3]